Im Beitrag erfährst du, wieso unser Wahlrecht keine Selbstverständlichkeit ist, wie es entstanden ist, seit wann Frauen und Menschen mit Behinderung in Deutschland wählen dürfen und wer noch immer vom deutschen Wahlrecht ausgeschlossen wird. Erfahre mehr darüber, wieso Wählen wichtig ist.

Ist Wählen selbstverständlich?

Wählen kann kompliziert sein. Ob der Weg zum Wahllokal oder die Beantragung der Briefwahl. Es gibt verschiedene Gründe, warum Wählen zur Aufgabe auf einer langen To Do Liste wird. Doch dabei vergessen wir, dass Wählen eigentlich ein Recht und Privileg unserer Demokratie ist.

Das Ziel von VOTO ist Wählen einfach zu machen. Wieso genau wir so passioniert fürs Thema wählen sind? Weil es die allgemeinste und einfachste Art ist, sich in einer Demokratie zu beteiligen.

Durchs Wählen übertragen wir unser Vertrauen an die entsprechenden Personen und Parteien, die wir wählen. Damit entscheiden wir uns für eine Regierung oder politische Repräsentant*in, die dann die Meinung und Interessen der Wählenden in ihrer Politik umsetzen. Mit Wahlen erlangt das politische System seine Legitimation, also seine Daseinsberechtigung (bpb).

👤 Nicht alle Menschen dürfen wählen. Das Wahlrecht ist einerseits durch das Alter eingeschränkt: In den meisten Staaten darf man ab 18 wählen, in einigen erst ab 21 Jahren. Andererseits dürfen längst nicht alle in einem Land lebenden Menschen wählen.

Denn das Wahlrecht ist an die Staatsbürgerschaft geknüpft (laenderdaten).In Deutschland dürfen Menschen ohne deutschen Pass nicht an der Bundestagswahl oder Landtagswahlen teilnehmen. Bei der Bundestagswahl 2021 durften deshalb fast 10 Millionen in Deutschland lebende Erwachsene nicht wählen.

Ähnlich wie beim Alter gibt es hier Unterschiede zwischen den verschiedenen Wahlen. Auf kommunaler Ebene, zum Beispiel bei Bürgermeister- oder Gemeinderatswahlen, dürfen zum Beispiel in Deutschland lebende Bürger*innen anderer EU-Staaten teilnehmen (bmi; bundestag).

Anders als in Deutschland ist in einigen Staaten Wählen keine Wahl. Dort gibt es eine Wahlpflicht. Wie diese interpretiert wird ist unterschiedlich. In manchen Staaten gibt es sie zwar formell, aber wenn man nicht Wählen geht, gibt es auch keine Konsequenzen. In anderen Ländern muss man mit Geldstrafen oder sogar mit einer Haftstrafe als Konsequenz rechnen (bpb).

Entwicklung des Wahlrechts in Deutschland


  • 1848: In Deutschland fanden 1848 die ersten politischen Wahlen statt.
  • 1949: 1949 wurde im Grundgesetz dann unser heutiges Wahlrecht festgeschrieben: Wahlen müssen allgemein, frei, gleich, geheim und unmittelbar sein. Damals musste man mindestens 21 Jahre alt sein um zu wählen und 25 um sich als Kandidat*in aufstellen zu lassen.
  • 1972: Erst seit 1972 darf ab 18 Jahren gewählt werden (lpb bw). Heute wird vielerorts diskutiert, ob das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden soll. Auf Bundesebene ist dies noch nicht umgesetzt. In einigen Bundesländern ist das anders. In Schleswig-Holstein und Brandenburg darf bei der Landtagswahl bereits mit 16 Jahren gewählt werden. In den meisten Bundesländern darf zumindest bei allen anderen Kommunalwahlen, zum Beispiel Bürgermeister*innenwahlen ab 16 gewählt werden. Nur in Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Bayern und Saarland (noch) nicht (change).

Seit wann dürfen Frauen wählen?

🚺 Wie ihr schon lesen konntet, es ging bisher nur um Wähler und Wahlmänner, denn zunächst war das Wahlrecht nur auf Männer beschränkt. 1918 durften zum ersten Mal alle Bürger*innen wählen, auch Frauen. Inspiriert von den Ideen der Französischen Revolution wurden bereits in den 1840ern auch in Deutschland Forderungen nach der Ausweitung des Wahlrechts für Frauen laut.

In der Hochphase der Frauenrechtsbewegungen in den 1890er Jahren publizierten und diskutierten viele Aktivistinnen gezielt für das Frauenwahlrecht. Ihre Arbeit ermöglichte die Entstehung der ersten Frauenrechtsverbände 1902.

Während des ersten Weltkriegs wurden die Forderungen leiser. 1917 nahmen sie angesichts der Osterbotschaft zur ausstehenden Wahlrechtsreform, in der das Frauenwahlrecht nicht einmal erwähnt wurde, wieder Gestalt an. Dieses Mal in noch größerer Dimension.

Durch gemeinsame Petitionen, Versammlungen und Sonderschriften von Aktivistinnen verschiedenster Organisationen wurde massiv die politische Öffentlichkeit mobilisiert. Als Reaktion hat der  Rat der Volksbeauftragten 1918 das Wahlrecht auch auf Frauen ausgeweitet (bpb).

Dürfen wirklich alle wählen?

⛔️ Nicht alle in Deutschland lebenden Menschen dürfen bei Wahlen mitbestimmen. Bis noch vor zwei Jahren gab es in Deutschland sogenannte Wahlrechtsausschlüsse. Menschen durften aus bestimmten Gründen von Wahlen ausgeschlossen werden.

Bis 2019 durften deshalb 85.000 Menschen mit Behinderung nicht wählen. Durch Forderungen von Organisationen und Verbänden, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung und für eine inklusive Gesellschaft für alle einsetzen, verabschiedete der Bundestag 2019 das inklusive Wahlrecht für alle. Menschen werden nicht mehr aufgrund von einer Behinderung von der Wahl ausgeschlossen.

Der Lebenshilfe zufolge waren die Wahlrechtsausschlüsse verfassungswidrig. Denn wählen und gewählt werden ist ein demokratisches Kerngrundrecht. In der UN-Behindertenrechtskonvention steht, dass das Wahlrecht nicht an Fähigkeiten geknüpft werden darf. Menschen sollen im Gegenteil eben genau die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen (lebenshilfe).

Wählen als Chance

🗳 Wählen ist ein Recht und ein Privileg. Nur wenn wir uns beteiligen, können wir unsere Demokratie aktiv mit gestalten. Und auch wenn man sich manchmal nur wie ein kleiner Teil der Gesellschaft vorkommt: Jede Stimme macht einen Unterschied!

Da Wählen zwar theoretisch einfach erscheint, praktisch aber kompliziert sein kann, wollen wir mit VOTO Wählen einfacher machen und möglichst viele Menschen vor der Wahl informieren und unterstützen. Mehr über unser Mission und Vision erfährst du hier: Über uns.